Interessantes
über
das
Besteck - eine Europäische Mode
Andere
Bezeichnungen: Tafelbesteck, Essbesteck.
Zusammen mit Löffel und Gabel zur Benutzung am Esstisch ergibt sich das
Essbesteck.
Unter
Besteck, also dem Sammelbegriff für Essenswerkzeug, wurde ganz früher
ein Behälter für Messer und Löffel verstanden, der am Gürtel befestigt
war und den man immer bei sich trug.
Darüber nun ein paar bemerkenswerte Informationen:
Löffel
sind weltweit am Tisch bei einer entsprechenden Speise zu sehen -
die
Gabel allerdings wird nur von ca. 9 % aller Menschen am Tisch
benutzt.
"
Gabel"
kommt vom althochdeutschen Wort "Gabala" (kommt von "gegabelter Ast").
Weltweit ist das Benutzen von
Messer
und Gabel im Vergleich
zum Essen mit den Händen am Tisch eine sehr neue und unübliche Sitte:
Der
Großteil der Menscheit ißt
vorwiegend mit den Fingern,
1,2
Milliarden
Menschen verwenden Stäbchen,
500
Millionen
Menschen verwenden Messer und Gabel am Tisch.
Die meisten Menschen,
die mit
den Fingern essen, tun
dies nach genauen Regeln, z.B. nur mit
der rechten
Hand. Regeln kommen oft aus religiösen Umständen.
Essstäbchen
sind z.B. in Ostasien üblich. Dafür werden die
Speisen bereits
mundgerecht vom Koch / der Köchin geschnitten serviert.
Dadurch erklärt
sich auch die Wichtigkeit scharfer Küchenmesser in z.B. Japan.
Wir Europäer führten die
Benutzung von Essbesteck als
bürgerliche Sitte und in Folge Pflicht für alle
"zivilisierten Menschen" im
19. Jahrhundert ein, wobei der Start dieser Mode ihre Ursprünge in
Italien (17. Jahrhundert) hat.
Messer werden
zwar weltweit auch ab und an am Tisch benutzt
um z.B.
von
Käse Abzuschneiden - doch wahren
Seltenheitswert hat unsere
Mode, das
spezielle
Besteckmesser
als
Auflade- und
Portionierhilfe für Gabelgerechte Ess-Einheiten zu
benutzten und erst mit der Gabel die Speise in den Mund zu
befördern.
Vor
dieser modischen Pflicht-Umständlichkeit aßen wir
Europäer
selbstverständlich wie der Rest der Welt
mit den
Fingern und bei Notwendigkeit wurde einfach ein
Spieß oder
direkt
das Messer als "Gabel" benutzt.
Fettige
Finger beim Essen
mit der Hand wird von den meisten Menschen der Erde als logisch,
natürlich und normal gesehen, und einfach beim Essen in die Beilage
(z.B. Brot, Reis) geknetet um damit z.B.
griffige, mudgerechte
Kugeln
zu formen.
Der
Hygiene-Faktor
als
Argument für
die Benutzung von
Besteck ist unbewiesen. Mit-Fingern-essende Menschen
waschen sich
zumeist vorher und nachher die Hände bzw. Finger bzw. die Ess-Hand.
Die
Verwendung
der Gabel
am Tisch wurde
in
unserem
Kulturkreis bis dorthin auch
aus religiösen Gründen
unterlassen.
Sie
galt als
widernatürlch, teuflisch
und weibisch. Ein echter Mann ißt um zu essen, er stochert
(spielt)
nicht im Essen herum, er wertschätzt die Natur und somit alle
Speisen als von Gott geschaffen und isst somit logischerweise
mit den ebenso von Gott erschaffenen Fingern!
Aus christlicher Sicht ist die
Gabel von
altersher ein
Attribut des Teufels und vieler Hexen.
"Der
Mensch soll seine Finger benützen", gebot die Kirche:
"
Gott habe die
Finger geschaffen und nicht die Gabeln, um damit all seine Gaben zu
berühren". Bei Zuwiderhandeln mußte dementsprechen mit der
Strafe
Gottes gerechnet werden. So berichtet ein italienischer Chronist des
Mittelalters von einer feinen Dame, die an einer Festtafel mittels
mitgebrachter Gabel speiste. Wegen des "übertriebenen Zeichens
der
Verfeinerung" wurde sie von den anwesenden
Kirchenmännern getadelt. Im 17. Jahrhundert geißelte ein
Chronist die "
unerhörte
Affektiertheit" der Minderheit der Gabelfreunde.
Vor allem Männer, die eine Gabel in die Hand nahmen, wurden als geziert
und unmännlich verspottet.
Als
ab dem 18.
Jahrhundert die Gabel am Esstisch etabliert war, stieg die
Produktion und die
Darstellung
des persönlichen Reichtums durch
kostbares Essbesteck, mit dem man geziert herumstochern
konnte.
Voll
im Trend lag man, wenn man sogar Konfekt nur mehr mittels eigens dafür
vorgesehenen zweizinkingen Gäbelchen aufnahm. Es folgten Austerngabel
und Spargelheber und weiteres
Spezialbesteck.
Besteck wurde aus vielen
Materialien
hergestellt.
Holz
war als
einfachstes Material für alle erschwinglich.
Silber
war jahrhundertelang allerdings das bevorzugte Material. Silber ist
säureresistent,
seine Oberfläche wirkt
antibakteriell.
Silber
kann aber durch
schwefelhaltige
Lebensmittel wie Fisch oder Ei dunkel
werden. - Deshalb ist
Fischbesteck
häufig vergoldet.
Eier- oder
Kaviarlöffel werden aus diesem Grund häufig aus Horn oder Perlmutt
hergestellt. Messerklingen waren meist aus
Stahl.
Silberbesteck wurde von Silberschmieden in Handarbeit hergestellt.
Die
Mode
Besteck zu verwenden ging so weit, dass es zur Pflicht wurde,
mit
Messer und Gabel zu essen - sogar für Geflügel. Nur kleine Kindern gab
und gibt man Zeit zum Erlernen dieser Künste.
Im späten 19.
Jahrhundert bis heute umfaßte diese "Mode" als Selbstverständlichkeit
alle Schichten, mit steigendem Schwierigkeitsgrad, denn die Anzahl der
zu verwendenden Spezialwerkzeuge und Verhaltensvorschriften am Tisch
stieg. Wer ernst genommern werden wollte mußte - muss immer noch -
diese "
Gesellschaftspflicht"
mitmachen - Als Beweis dafür, dass man ein "zivilisierter",
"kultivierter" Mensch ist.
Wer mit den Fingern ißt, ist nicht zivilisiert, er ist "wild".
Seit
dem 19. Jahrhundert können Bestecke
durch Galvanisierung versilbert
werden. Da solche Bestecke die Vorteile des
Silberbestecks weitgehend
bewahren, aber viel
billiger
sind, haben sie massiv silberne Bestecke
heute weitgehend verdrängt.
Um dem Käufer deutlich zu machen,
wie viel Edelmetall in den Bestecken verarbeitet wurde führte man um
1850 eine bindende und noch heute gültige
Stempelung von versilberten
Bestecken ein.
Die gestempelte Zahl gibt an, wie viel
Gramm Reinsilber
ein Satz von 12 Tafelgabeln und 12 Tafellöffeln enthält.
Am Häufigsten
ist die Stempelung 90.
Doch auch Bestecke aus 800er
Silber
wurden
wegen dem Glanz galvanisiert.
Im Laufe der Zeit entstanden verschiedene billige
Alternativ-Materialien.
Übrigens werden viele inzwischen etablierte Umgangsformen dem berühmten
Baron Knigge
zu gegeschrieben - was
inkorrekt
ist!
Quellen:
Wikipedia
und Wiener Zeitung